Zinsloses Geld

Diese Idee beruht auf einer falschen Analyse des Geldsystems. Nicht das Schuldgeld ist für diese Initiative verantwortlich für die Verwerfungen, sondern der angeblich böse Zins. Daher habe ich auch so sehr Wert darauf gelegt, aufzuzeigen, wo das Problem genau liegt! Siehe hier, hier und hier.

Der Zins hat zahlreiche Funktionen, die alle hier zu erwähnen und beschreiben die Aufgabe dieser Webseite bei weitem sprengen würde. Diejenigen, die zinsloses Geld fordern, meinen, der Staat (oder Gläubiger) solle Geld ohne Zinsen zur Verfügung stellen.
Der Zins wird heute unter anderem als Abgeltung für Konsumverzicht, Risikoübernahme und Entschädigung für Geldentwertung usw., oder, wenn man so will, als Entschädigung für die Miete von Geld, bezeichnet. Paul C. Martin geht auf die Entstehung zurück und betont, Zins sei entstanden als Steuer:
Wie wir sehen werden, ist die Abgabe (Steuer) der eigentliche Zins (census). Das Geld entwickelt sich aus dem Abgabenmittel, sobald dieses kurant gemacht werden kann, und bleibt dann Steuerzahlungsmittel bis heute („legal tender“).
Nehmen wir das hier einfach, ohne darauf einzugehen, zur Kenntnis.

Sie sollten sich einmal die folgenden Fragen stellen: Wer bringt Geld zur Bank, wer verleiht Geld, wenn er keinen Zins erhält? Wer spart, wenn er keinen Nutzen aus seinem Konsumverzicht hat? Wozu ist Sparen gut? Es gäbe da noch zahllose weitere Fragen.


Was passiert, wenn der Staat Geld zinslos zur Verfügung stellt für Firmengründungen, Hausbau usw.? Nehmen wir einmal eine Firmengründung als Beispiel. Ist die Firma gut geplant und wird sie gut geführt, hat Innovation und Know-How, so wird sie üblicherweise erfolgreich sein am Markt und die Zinsen dürften keinerlei Problem darstellen. Ist allerdings die Firma nicht erfolgreich, wird der Staat - d.h. werden die Bürger - nicht bloss den Kredit abschreiben müssen, sondern auf den Zins auch des erfolgreichen Geschäfts ebenso verzichten müssen. Wer gründet da keine Firma, wenn er gratis Geld bekommt? Erfolgreich zu sein braucht er nicht. Auch da wird derjenige, der sich Mühe gibt, dem Gesamtwohl zu dienen, geradezu bestraft und verhöhnt. Sind das die richtigen Anreize?

Ganz abgesehen davon, dass Geld keinen Zins kostet, sondern Zins einbringt, Kredit kostet Zins!

Neuerdings läuft eine Initiative in Kanada, dass sich der Staat von der Zentralbank zinslos Geld zur Verfügung stellen soll. Jan Kneist auf Goldseiten.de:
Dieser absolut richtungweisende Fall wurde weder in den nordamerikanischen, noch europäischen Medien gewürdigt, weil er erheblichen Sprengstoff birgt. Die Ausgabe von zinslosem Geld durch den Staat würde die Bankenmacht an der Wurzel angreifen.
Jetzt wollen wir uns mal durchüberlegen, was da passiert - und welche Konsequenzen zu erwarten sind. Wir werden sehen, dass die Folgen nicht positiv, sondern überaus tragisch für die Bevölkerung sind! Die Zentralbank kauft also dem Staat Staatsanleihen zu Null Prozent Zins ab und hat diese dann in den Aktiven. Wer leiht jemandem Geld zu Null Prozent Zins? Wohl kaum jemand. Wird also die Währung in der Folge angegriffen (gegen eine andere Währung getauscht), hat die Zentralbank einzig Null-Prozent-Staatsanleihen in ihren Aktiven (statt Unternehmensanleihen, Gold, Aktien) und kann die Währung daher nicht verteidigen, denn niemand will diese Staatsanleihen! Die Folge ist also, dass die Währung zusammenbricht. Im übrigen: Was macht der Staat mit dem Geld? Er gibt es aus - und das Geld landet folglich bei den Banken. Die Banken erhalten dadurch Geld von der Zentralbank und buchen Girokonto bei der Zentralbank/Buchgeld (der Staat bucht: Aufwand/Giroguthaben bei der Zentralbank; die Zentralbank bucht: Girokonto Staat/Girokonto Bank YZ). Durch diesen Vorgang wird also die Geldmenge ausgeweitet - auf der Aktivseite steht kein Wirtschaftsgut, sondern eine Staatsschuld. Das heisst: Geldverwässerung, Inflation. Wenn der Staat Geld gratis erhält, wird er es umso mehr mit beiden Händen aus dem Fenster werfen, denn was nichts kostet, ist nichts wert, denn der Zins ist der Preis des Geldes - und niemand kann dannzumal beim Budget den Einwand bringen, das Geld koste den Staat etwas! -, und damit Stimmen kaufen. Da die Zentralbank an diesem Geschäft ihre eigenen Kosten, die sie ja bis anhin insbesondere durch die Aktivzinsen (resp. Diskontierung) erwirtschaftet, nicht decken kann, muss wohl der Staat dafür aufkommen. Ganz abgesehen davon, dass die Zentralbanken ja ihre Gewinne, wie wir gesehen haben, dem Staat wiederum abliefern... Wenn man einen Vorschlag macht, so sollte man sich auch der Konsequenzen bewusst werden, indem man sich die Folgen der Forderung durchüberlegt... Der Sprengstoff liegt also woanders, als sich das Jan Kneist und die kanadischen Initianten vorstellen - nämlich unter dem eigenen Sessel!
Nebenbei: Was den möglichen Einwand betrifft, dass sich heutzutage viele Staaten zu sehr geringen Zinsen Geld leihen können, so ist dem entgegenzuhalten, dassdie Lebensdauer des jetzigen Geldsystems ihrem Ende entgegengeht. Daher wird mit allen möglichen Mitteln versucht, das Unvermeidbare hinauszuzögern.

Autor: Oeconomicus criticus