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Drachenwut's PolitikblogPolitische KorrektheitPolitische Korrektheit (dengl. pollitickel koräktnäss) ist heutzutage, dass logisch-auf sich beruhende Gegenteil von faktischer Korrektheit. |
„Unsere
Zukunft entscheidet sich in Asien“
Zur jüngsten
Strategieerweiterung in der Außen- und Sicherheitspolitik der Vereinigten
Staaten
Von Jürgen Heiducoff
Die USA haben ihre Kampftruppen aus dem Irak abgezogen. Die NATO–Kampftruppen
sollen bis Ende 2014 Afghanistan verlassen. Die USA suchen nach Wegen, eigene
nationale Militärbasen am Hindukusch für weitere 10 Jahre betreiben zu dürfen.
Was verbirgt sich hinter diesen Veränderungen? Ist der Krieg gegen den Terror beendet,
bevor er Erfolge vorweisen kann?
Mit einer Veröffentlichung der US–Außenministerin Hillary Clinton und mit einer
Reise des US-Präsidenten über Hawaii, Indonesien, Australien und Singapur sind
im vergangenen Monat einige neue strategische Aspekte der US-Außen- und
Sicherheitspolitik deutlich geworden.
Unter dem Titel “America`s Pacific Century“ ist in der Novemberausgabe des US Magazins „Foreign Policy“ ein
Artikel der US–Außenministerin (U.S. secretary of state) Hillary Clinton
veröffentlicht. (Der Artikel in einer deutschen Übersetzung: „Amerikas Pazifisches Jahrhundert“.)
„Die Zukunft der Politik wird in Asien, nicht in Afghanistan oder im Irak
entschieden werden und die Vereinigten Staaten werden direkt im Zentrum des
Geschehens sein“ – so lautet die Leitthese des Beitrages. Dann
wird viel von transpazifischer Wirtschaftskooperation und Partnerschaft in der
Vergangenheit und Zukunft geschrieben.
Im zweiten Teil ihres Beitrages führt die US–Außenministerin unter anderem aus,
dass Asiens bemerkenswertes Wirtschaftswachstum der letzten zehn Jahre und das
Potential für ein weiteres Wachstum in der Zukunft wesentlich von der
Sicherheit und Stabilität abhingen, die lange vom US–Militär sichergestellt
worden sei, darunter von mehr als 50.000 US-Soldaten in Japan und Südkorea. Die
USA würden ihre Stützpunkte bei den nordostasiatischen Partnern modernisieren
und gleichzeitig ihre Präsenz in Südostasien und im Indischen Ozean verbessern.
Genannt werden die Vertiefung der militärischen Zusammenarbeit mit Singapur und
die Stationierung von Marines in Australien. Eine Herausforderung sei die
Erarbeitung eines operativen Konzeptes für den Raum zwischen dem Indischen und
Pazifischen Ozean. Eine breit verteilte militärische Präsenz in diesem Raum biete große
Vorteile. So würden die Vereinigten Staaten besser positioniert sein, um
humanitäre Missionen zu unterstützen und mit den Partnern robuster gegen
Bedrohungen für den regionalen Frieden und Stabilität vorzugehen. Die USA wollten Partner, die anderer
Auffassung sind, zu Reformen, besserer Regierungsführung sowie zum Schutz von
Menschenrechten und politischen Freiheiten auffordern.(wenn nötig mit Bomben) Im letzten
Jahrzehnt sei die Phase des Friedens nach dem Kalten Krieg in anspruchsvolle
Verpflichtungen in Afghanistan und im Irak übergegangen. Während
diese Kriege ausklingen, müssten die amerikanischen Bemühungen nun beschleunigt
in Richtung neuer globaler Realitäten umgeschwenkt werden.
Andere Regionen dieser Welt (Europa, der
Nahe Osten und Nordafrika) blieben von großer Bedeutung für die USA. Jede
dieser Regionen verlange amerikanisches Engagement und Führung. Es sollten keine Zweifel bestehen, dass
Amerika die Fähigkeit habe, seine globale
Führungsposition auch im neuen Jahrtausend nachhaltig zu sichern. Clinton
schließt mit dem Ausblick, dass Amerika für die nächsten 60 Jahre in der asiatisch-pazifischen
Region präsent und dominant bleiben werde.
Der US–Präsident hatte umgehend die ersten diplomatischen Schritte mit
einer medienwirksamen Pazifik- und Asienreise eingeleitet. Bei multi- wie
bilateralen Gesprächen ging es um eben diese neue strategische Ausrichtung der
USA auf den asiatisch-pazifischen Raum und damit um die Erweiterung der
Einflusssphäre der Vereinigten Staaten. Zu erwarten sei demnach der Ausbau
bestehender und die Bildung neuer militärischer Bündnisse in dieser Region.
Diesen Ausblick muss
man erst einmal verdauen. Aber: Es ist alles gesagt.
Die US Regierung hat damit im Grunde ihren strategischen Anspruch auf die
Alleinherrschaft definiert und jede Forderung nach einer multipolaren Welt
zurück gewiesen.
Die US Außen- und Sicherheitspolitik mag neue Strategien. Es ist
ein nie enden wollendes Suchen nach neuen strategischen Aspekten. Wie oft haben
die USA die Strategie ihrer Kriege, besonders des Afghanistankrieges
korrigiert? Jede Änderung wurde als eine neue
Strategie vorgestellt.
Doch wie marginal erscheinen diese Manöver gegen die derzeit erkennbaren
Konturen der neuen amerikanischen geostrategischen Gewichtung: Neuorientierung
auf den asiatisch-pazifische Raum, ohne die anderen Schwerpunkte in Europa, im
Nahen Osten und Nordafrika zu vernachlässigen.
Neue Herausforderungen (Hauptfeinde) lösen die bisherigen ab. Müssen künftig
die BRICS – Staaten als Feindbild anstelle des
kommunistischen Ostblocks und später des internationalen Terrorismus herhalten?
Die Vereinigten Staaten reagieren auf das neu entstandene wirtschaftliche
Kräfteverhältnis, das aus dem enormen Wachstum der BRICS–Staaten resultiert.
Ein Schwerpunkt der Weltwirtschaft hat sich nach Asien verlagert und die neuen
Wirtschaftsmächte fordern mehr politisches, diplomatisches und militärisches
Gewicht ein. Daraus wiederum leiten die USA die Notwendigkeit ihrer
Führungsrolle und Dominanz in dieser strategischen Region ab. Ein gefährlicher
Teufelskreis!
Erschwerend kommt hinzu, dass das neue sicherheitspolitische Umfeld, das die
USA betreten, der asiatisch-pazifische Raum, äußerst inhomogen und von tiefen
Widersprüchen geprägt ist. Allein zum Beispiel die
Widersprüchlichkeit von Partnerschaft und Konkurrenz zwischen China und Indien
macht dies deutlich.
Interessant ist,
dass Afghanistan von zentralem Interesse auch in der neuen US–Strategie bleiben
wird. Ganz nach dem Grundsatz aus den Zeiten des Great Game: Wer Zentralasien
beherrscht, beherrscht Asien. Und wer Asien beherrscht, beherrscht die Welt.
Die USA wollen noch stärker als bisher in und über
Afghanistan bestimmen. Die militärische Präsenz der internationalen
Staatengemeinschaft, besonders der europäischen NATO–Partner, wird bis 2014
zurückgefahren. Europa soll sich stärker beim zivilen Wiederaufbau
engagieren. Dieser - wie auch das
wirtschaftliche Engagement Chinas, Indiens oder Japans – soll aber unter dem
militärischen „Schutz“ (Kontrolle, Zugriff) von
US–Truppen bleiben.
In diesem Kontext werden einige Fragen, die die amerikanische Afghanistanpolitik
der letzten Wochen betreffen, beantwortet:
Einiges lässt sich auch aus dem Ausgang des Libyenkrieges erklären:
Der militärische Aspekt der neuen
US-Strategie bildet die Abkehr von den bisherigen
Taktiken der Besetzung von Ländern. Diese sind im Irak
und in Afghanistan gescheitert. Jetzt soll die neue Taktik der Kriegführung aus
der Luft mit fremden bewaffneten Oppositionellen und kleinen
Kommandounternehmen am Boden (à la Libyen) Erfolge bringen. Und dies bei
gleichzeitiger Erweiterung des geostrategischen Raumes! Die Obama-Reise nach
Hawaii, Australien, Indonesien, Singapur usw. und
seine Statements haben vieles erklärt. Die USA wollen die Militärbündnisse in
Südostasien ausbauen. Zur Umsetzung der neuen US-Strategie ist
die Verdichtung und Modernisierung des Ringes der amerikanischen
Militärstützpunkte erforderlich. Dieser verläuft von Südkorea über Okinawa und
Guam, künftig Australien, über Pakistan, Afghanistan bis nach Kirgistan – ein
Ring, der China umschließt.
Angesichts der Schuldenkrise der USA müssen auch die Militärs sparen. Und ein
System von Militärbasen in geostrategisch interessanten Gebieten ist immer noch preiswerter, als ein Krieg und die
flächendeckende Besetzung von Staaten. Ein Luftkrieg gegen militärisch
unterlegene Länder wie Libyen ist effizienter als
dessen Besetzung. Der Libyenkrieg wird zum Modellfall
künftiger militärischer Invasionen.
Es deutet sich an, dass der Krieg gegen den
Terrorismus zu Ende geht, weil er keine Aussicht auf Erfolg zeigt, viel zu
teuer ist und den Terrorismus eher gefördert als geschwächt hat. Zudem ist unübersehbar, dass die Truppen demokratischer Staaten im
Verlaufe des Kampfes gegen terroristische Organisationen selbst terroristische
Kampfmethoden anwenden. Und islamistische Kräfte sind
auf dem Vormarsch – auch in Nordafrika und Arabien.
Als Haupt-Herausforderung (Gefahr)
betrachten die USA immer mehr den asiatischen Teil und den Kern der
BRICS–Staaten. Im Unterschied zur Block-zu-Block-Konfrontation der Zeiten
des Kalten Krieges sind die USA auf finanziellem, wirtschaftlichem, aber auch
kulturellem Gebiet jedoch zu eng mit den potentiellen Kontrahenten vernetzt, um
militärisch gegen sie vorgehen zu können. Die BRICS - Staaten können mit ökonomischen
Waffen kämpfen und sie verfügen über natürliche und menschliche Ressourcen und
Reserven, die die USA nicht haben. Mit dem Wachsen der wirtschaftlichen Macht
fordern die BRICS – Staaten zu Recht mehr politisches Gewicht. Und die USA können mit Waffen nicht diese wachsenden Kapazitäten
aufhalten. Es sei denn, sie wollen die Grundlagen, die Infrastruktur
dieser Länder zerstören. Die potentiellen militärstrategischen Fähigkeiten
wären vorhanden. Doch dies kann nicht im Interesse einer intelligenten Macht
sein, denn es käme einer Selbstzerstörung gleich.
Wird die US - Administration trotz oder wegen der
Schuldenkrise immer offensiver? Was sollte sich verändern?
Die Militärpräsenz der USA muss von einer breiten Initiative der Kooperation
und des Vertrauens begleitet werden, sonst wird sie in einem Chaos enden. Die
neuen Weltwirtschaftsmächte, besonders China und Indien werden in wenigen
Jahren die Wirtschaftsmacht der USA überholen. Dieser Prozess muss von der
Anerkennung ihres strategischen Mitspracherechtes durch die USA in der Region
begleitet werden.
Eine gut gemeinte Empfehlung an die amerikanischen Partner kann daher nur sein:
Kehrt nach Hause zurück und klärt eure eigenen Probleme wie Staatsschulden und
Soziales! Übernehmt euch nicht! Das amerikanische Jahrhundert
war das 20. Jahrhundert. Wir
leben im 21. Jahrhundert.
Quelle: http://www.ag-friedensforschung.de/regionen/USA/pazifik3.html
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